Nachbaufähiger Mais ist wertvoll

Seit ein paar Jahren sind in Deutschland erstmals wieder Mais-Populationen auf dem Markt, die im Gegensatz zu Hybridsorten nachbaufähig sind! Gezüchtet wurden sie von ökologischen Züchtern vom Dottenfelderhof und der Getreidezüchtung Peter Kunz aus der Schweiz sowie der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL Bayern). Erhältlich sind die offen abblühenden Populationen namens Bogdan, Almito, Evolino und Weihenstephaner 1 - 3 beim Dottenfelderhof, Sativa, Bioland HG, Naturland Marktgesellschaft und FarmSaat.

 Die schönsten Kolben

Barbara Eder, die an der LfL Bayern Mais-Populationen entwickelt, berichtet von den Nachbau-Möglichkeiten: „Es gibt einige Landwirte, die „Herr“ über ihr eigenes Saatgut sein wollen und daher nachbauen. Ich kenne persönlich Landwirte, die die Mais-Populationen nachbauen und Spaß haben an der Selektionsarbeit. Ich empfehle die schönsten Kolben auszuwählen und mit der Hand zu ernten für Saatgut. Pro Hektar braucht man auch gar nicht so viel Saatgut.“ Die Züchter erheben keine Nachbaugebühren über die Saatgut-Treuhand, aber z.B. der Dottenfelderhof bittet seine Kunden um einen freiwilligen Sortenentwicklungsbeitrag.

Das besondere an Populationen ist außerdem, dass die Pflanzen nicht so einheitlich sind wie bei Sorten, sondern sie zeichnen sich durch eine größere Vielfalt an Pflanzen aus. Für die Entwicklung von Weihenstephaner 1 wurden 20 verschiedene Hybridsorten miteinander gekreuzt und weiterentwickelt.  

Extreme Jahre

Die Züchter erwarten, dass diese größere Vielfalt der Maispflanzen im Bestand eine stärkere Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten sowie Anpassungsfähigkeit auf Wetterschwankungen ermöglicht. Barbara Eder ist aufgefallen, dass im Jahr 2013 bei sehr schlechtem Wetter die Populationen weniger Ertragsverluste erlitten als Hybridsorten. Beim Bio-Landwirt Bernd Vollmer aus Ostwestfalen schienen die Populationen mit der Trockenheit 2019 auszukommen: „In diesem Jahr war es auf meinen Feldern staubtrocken. Es ist erstaunlich, dass der Silo-Mais Kolben gebildet hat. Meine Hybridsorten sind trockengestresst, während die Mais-Populationen Weihenstephaner 3 und Almito zehn Zentimeter kleiner, aber grüner sind und ich erwarte einen ähnlichen Energieertrag.“ Ob Populationen ertragsstabiler sind, soll weiter untersucht werden. Nach den bisherigen Feldversuchen ist laut Barbara Eder die Pflanzengesundheit der Populationen ähnlich wie bei den Hybriden.

Erträge

Carl Vollenweider, Züchter vom Dottenfelderhof, beschreibt die Erträge: „Die Mais-Populationen brachten auf 8 konventionellen und ökologischen Standorten einen Kornertrag zwischen 70 und 85 % von modernen F1-Hybriden. Bei Silo-Mais müssen noch mehr Prüfungen stattfinden, aber wir schätzen, dass Populationen 90 % des Ertrags von Hybriden bringen können, vielleicht auch mehr. Wir haben nun zum ersten Mal Mais-Populationen entwickelt und die Erträge sind schon ansprechend. Wenn wir Geld in die Entwicklung von Mais-Populationen stecken würden, sind weitere Verbesserungen möglich.“ Barbara Eder tut sich teilweise schwer damit, Bauern Sorten mit 80 % Ertrag anzubieten. Die Bäuerin Lucia Heigl berichtete, dass auf ihrem konventionellen Betrieb aus der Oberpfalz der Ertrag von Weihenstephaner 2 als Silo-Mais nicht bestimmt wurde, aber die Population nicht negativ auffiel unter den Hybrid-Sorten.

Unabhängig machen

Der bio-dynamische Schanzenhof am Niederrhein machte im Rahmen des Projektes „Saatgut: Vielfalt in Bauern- und Gärtnerhand“ einen Demonstrationsversuch mit fünf Mais-Populationen in Kooperation mit der Landwirtschaftskammer und der AbL NRW, wobei der Silo-Mais beregnet wurde. Der Trockenmasse-Ertrag der fünf Populationen lag bei minimal 75 % bis maximal 123 % (Evolino) im Vergleich zur Hybride (Landlord, 169 dt/ha) mit vergleichbaren Trockensubstanzgehalten. Die Einschätzung der Betriebsleiterin Ruth Laakmann ist: „Trotz der Variabilität innerhalb der Sorten reiften die Pflanzen gleichzeitig und waren früher reif als die angegebene Silomaisreifezahl. Diese Erfahrung ist nun schon im zweiten Jahr gemacht worden. Ich werde die Sorten weiter beobachten und kann mir vorstellen z.B. die Sorte Evolino großflächiger anzubauen. Ich würde aber nie auf eine Sorte setzen, sondern immer mehrere Sorten auf verschiedenen Flächen anbauen. So senkt man das Anbaurisiko und unterstützt die Sortenvielfalt. Ich finde es wichtig, dass wir uns von Saatgutfirmen unabhängig machen, die Gentechnik verwenden. Mais-Populationen sollten weiter in die Öffentlichkeit getragen werden und auf vielen Standorten ausprobiert werden.“

Ein Witz

Barbara Eder erzählt, dass es viele interessierte Landwirte gibt, die Mais-Populationen ausprobieren wollen, aber die verkaufte Saatgutmenge sei bisher noch ein Witz: „Im Jahr 2018 wurden in Deutschland 4,5 Mio. Einheiten Mais-Saatgut verkauft, 80.000 Einheiten Öko-Mais-Saatgut und nur 500 Einheiten Mais-Populationen.“ Die Züchter werden untersuchen, ob Mais-Populationen auf Bio-Standorten und auf Grenzstandorten mit herausfordernden Anbaubedingungen besser abschneiden als Hybriden. Ein weiteres Ziel für die Zukunft sei, so Carl Vollenweider, die Züchtung von Mais-Populationen für die menschliche Ernährung, z.B. für Polenta, Tortillas und Maismehl.