„Was geht auf dem Hof? Reinigung und Nachbau von Getreide“

Möglichkeiten für bäuerliche Betriebe zur Aufbereitung bzw. Reinigung von Getreide für den menschlichen Konsum oder für Saatgut zum Nachbau wurden bei einer Tagung der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Nordrhein-Westfalen (AbL NRW) am 30.1.20 in Bad Sassendorf diskutiert. Unter den Gesprächsfetzen waren günstige Aufbereitungsmaschinen bei Ebay, Qualitätsanforderungen von Keksherstellern und Nachbaugebühren. Die Veranstaltung bildete den Abschluss des von der Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW geförderten Projektes „Saatgut: Vielfalt in Bauern- und Gärtnerhand“.

Gebrauchtmaschinen

Peter Angenendt produziert auf seinem Bio-Hof gemeinsam mit anderen Vermehrern Saatgut, das er über seine Firma „Münsterländer Saatgut OHG“ verkauft. Er motivierte die Tagungsteilnehmer, dass eine bäuerliche Aufbereitung für die Erzeugung von Saatgut für den eigenen Bedarf gut zu schaffen sei. Die Investitionskosten für Aufbereitungsmaschinen würden bei 2000 € starten und könnten bis ins Unendliche gesteigert werden, wobei Gebrauchtmaschinen völlig ausreichend seien. Da es bei der Aufbereitung stark staube, sei der Einsatz im Freien auch eine Option. Als einfache Grundausstattung empfiehlt er einen Trommelreiniger. Als professioneller Saatgutproduzent setzt Peter Angenendt als erstes eine Siebmaschine mit Bürste ein, die Staub, Steinbrand oder Grannen entfernt oder Dinkelvesen trennt. Von Mutterkorn befallenes Getreide kann mittels Trieur oder Tischausleser aussortiert werden. Beim Drusch für Saatgut sei Sorgfalt nötig und er bevorzuge eine Getreidefeuchte von 15 statt 14% für weniger Bruchkorn. Das eigene Saatgut sollte auf samenbürtige Krankheiten getestet werden und nur im Krankheitsfall gebeizt werden. Die Aufbereitungskosten schätzt Peter Angenendt für Getreidesaatgut auf 4-5€/dt.

Anspruchsvolle Kekshersteller

Nach Ansicht von Dr. Bernd Nagel-Held, Geschäftsführer der Eickernmühle in Lemgo, ist die Aufbereitung von Getreide für den menschlichen Konsum sehr anspruchsvoll und nicht für jeden bäuerlichen Betrieb das richtige, sodass besser die Kräfte auf einigen Betrieben gebündelt und mit ihnen kooperiert werden sollte. Denn die Gesetze, die z.B. Höchstgehalte von Pflanzenschutzmitteln, Schwermetallen oder Mykotoxinen (Schimmelpilzgifte) regeln, hätten „keinen Humor“. Für ihre Einhaltung seien teure Aufbereitungsmaschinen nötig wie Farbausleser zur kompletten Entfernung von Mutterkorn. Auch Mühlen hätten teilweise Probleme Getreide mit dem Schimmelpilzgift Ochratoxin auszusortieren, das in kleinen „Nestern“ im Getreidelager entsteht, wo es feucht ist. Es sei notwendig, viele Proben zur Untersuchung des Getreides zu nehmen. Sowohl ein gutes Verhältnis zur Lebensmittelüberwachung als auch eine Haftpflichtversicherung seien wichtig, die in Schadensfällen einspringe. Große industrielle Kekshersteller würden aber meist die gesetzlichen Bestimmungen stärker verfolgen als kleine Handwerksbäckereien.

Auf Augenhöhe

Die "Interessengemeinschaft gegen die Nachbaugesetze und Nachbaugebühren" (IGN) setze sich schon seit mehr als 20 Jahren für das Recht auf Nachbau und einen Umgang auf Augenhöhe zwischen Bauern und Züchtern ein und es wurden schon viele Gerichtsverfahren gewonnen, so der Geschäftsführer der AbL und IGN, Georg Janßen.   

STV Briefe

Der Rechtsanwalt Jens Beismann, der die IGN-Mitglieder vertritt, stellte die aktuelle Gesetzeslage bei der Aufbereitung von Erntegut vor. Es dürfen nicht alle Kulturen nachgebaut werden, z.B. die Gelbe Lupine ja, aber nicht die Blaue Lupine und keine Hybridsorten. Briefe der Saatgut-Treuhandverwaltung (STV) bezüglich Nachbaugebühren müssen nur beantwortet werden, wenn sie sich auf das aktuelle Wirtschaftsjahr beziehen und konkrete Sorten angegeben sind. Er berichtete, dass Aufbereiter und Saatguthändler oftmals dazu verpflichtet sind Daten an die STV weiterzugeben. Auch Vermieter von mobilen Aufbereitungsmaschinen gelten teilweise als Aufbereiter, wenn sie beim Aufbereitungsprozess anwesend sind. Damit auch Bäuerinnen und Bauern, die sich eine Aufbereitungsmaschinen teilen, nicht als Aufbereiter gelten, sollten sie am besten eine mobile Anlage nutzen, die alle selbständig bedienen können. Wenn es sich um eine Saatgutmischung handelt, müssen die Sortennamen bei der Aufbereitung nicht angegeben werden.

Brasilianische Kleinbauern

Uwe Hartmeier ist gemeinsam mit der Brasilien-Gruppe der AbL NRW im Austausch mit der Kleinbauern-Organisation Assesoar im Süden von Brasilien und berichtete, dass dort wenige Großgrundbesitzer einen Großteil des Landes besitzen. Laut “Censo Agro 2017“ der IBGE bewirtschaften 4,5 Millionen Kleinbauern mit bis zu 100 ha eine Fläche von 72 Millionen Hektar, während nur 2.400 Großgrundbesitzer mit jeweils mehr als 10.000 ha bereits 52 Millionen Hektar besitzen. In Brasilien wird viel gentechnisch veränderter Mais, Soja und Zuckerrohr angebaut. Die Kleinbauern-Organisation Assesoar hat ein Saatgut-Haus aufgebaut, wo bäuerlich gezüchtete, regionale Sorten von Bäuerinnen und Bauern gesammelt und bezogen werden. Sie überprüfen dort auch regelmäßig, ob Saatgut gentechnisch verunreinigt wurde. 

Kornkäfer

Dr. Ulrike Hakl vom Pflanzenschutzdienst der Landwirtschafskammer in Köln gab Ratschläge wie Vorratsschädlinge wie Kornkäfer und Dörrobstmotte bei der Getreide-Lagerung verhindert werden können. Sie erinnerte daran, dass die Sauberkeit von Erntemaschinen, Förderschnecken und Lagerräumen und möglichst wenige Simse und Ritzen als Ablagerungsmöglichkeiten für Staub nötig seien, der als Nährstoffquelle für Schädlinge dient. Trockenheit und Temperaturen von 10-15°C seien optimal.